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FLUGPHYSIK
 



 

Ein Modellhubschrauber ist im Prinzip ein echter Hubschrauber

Bei einem Modellhubschrauber handelt es sich vom Prinzip her um einen echten Hubschrauber. Die Technik unterscheidet sich im Grossen und Ganzen lediglich dadurch, dass die mechanischen Komponenten kleiner ausgeführt sind, um den Abmessungen eines Modellhubschraubers gerecht zu werden. Somit gelten die folgenden Ausführungen sowohl für Modellhubschrauber als auch für ihre manntragenden Vorbilder.


 

Der Hauptrotor

Ein Hubschrauber verfügt in der Regel über einen Haupt- und einen Heckrotor, bei denen die Anstellwinkelwinkel der Rotorblätter im laufenden Betrieb geändert werden können. Somit können die Grösse und indirekt auch die Richtung des Schubs gesteuert werden.


 



 

Der Hauptrotor erzeugt einen nach unten gerichteten Luftstrom (graue Pfeile) und damit eine nach oben gerichtete Kraft. Ist diese Kraft grösser als die entgegen wirkende Gewichtskraft steigt der Hubschrauber, ist sie kleiner, sinkt er. Im Schwebezustand sind beide Kräfte gleichgross.


 




Der Heckrotor

... hingegen erzeugt einen seitwärts gerichteten Luftstrom und gleicht somit das Drehmoment aus, welches der Hauptrotor auf den Rumpf ausübt. Ohne den Heckrotor würde sich der Rumpf in der Luft entgegen der Hauptrotordrehrichtung um seine eigene Hochachse drehen.


 



 

Dies lässt sich vereinfacht ausgedrückt damit begründen, dass sich der Hauptrotor zum Ausüben seiner Drehbewegung am Rumpf abstützt. Solange der Hubschrauber mit seiner Gewichtskraft auf dem Boden steht, wird der Rumpf durch die Haftreibung am Untergrund daran gehindert, dass er sich wegdreht. Sobald sich der Hubschrauber jedoch in der Luft befindet, fällt diese Haftreibung weg und der Heckrotor wird zur Kompensation des Drehmomentes erforderlich.


 

Hauptrotor - kollektiver Pitch

Mit dem "kollektiven Pitch" kann der Pilot den Anstellwinkel der Hauptrotorblätter einstellen. Kollektiv bedeutet, dass der Pitch während einer Rotorumdrehung stets konstant bleibt. Das Rotorblatt hat also während seines Umlaufes um die Drehachse immer den gleichen Anstellwinkel, unabhängig von seiner Position im Kreis, in diesem Beispiel 5° (siehe Grafik rechts). Je größer der Pitch ist, desto größer ist der nach oben gerichtete Schub des Hauptrotors. Bei ca. 4-5° schwebt der Hubschrauber, seine maximale Steigleistung erreicht er bei ca. 9-10°. Bei Pitchwerten unterhalb des Schwebewertes sinkt der Hubschrauber. Aufgrund seiner Massenträgheit und weiterer Faktoren reagiert er leicht verzögert auf die Steuerbefehle des Piloten.


 



 

Hauptrotor - zyklischer Pitch

Auch der zyklische Pitch wird vom Piloten zum Aendern des Anstellwinkels der Hauptrotorblätter benutzt. Im Gegensatz zum "kollektiven" Pitch (siehe Abschnitt oben) erlaubt es die "zyklische" Blattsteuerung den Anstellwinkel eines Rotorblatts abhängig von seiner jeweiligen Position im Kreis einzustellen. So ist es z.B. möglich, dass das Rotorblatt beim Überstreichen der Rumpfspitze einen kleineren Anstellwinkel aufweist als beim Überstreichen des Hecks. In der Grafik (unten) ändert z.B. das Rotorblatt bei jedem Umlauf seinen Anstellwinkel zyklisch zwischen 3° und 5°.


 



 

Dies hat zur Folge**, dass im vorderen Bereich des Hubschraubers ein geringerer Luftstrom entsteht, als im hinteren Bereich. Demzufolge ist der Auftrieb vorne geringer als hinten, und der Hubschrauber nickt leicht nach vorne. Da der vom Hauptrotor erzeugte Luftstrom nun nicht mehr senkrecht nach unten gerichtet ist, sondern schräg nach hinten, wird der Hubschrauber nach vorne beschleunigt und nimmt Fahrt auf. Nach diesem Prinzip kann der Pilot den Rumpf in jede beliebige Richtung neigen und den Hubschrauber in die daraus resultierende Richtung beschleunigen.
( ** die beim Kreisel vorhandene 90° Phasenverschiebung zwischen Ursache und Wirkung ist in diesem Beispiel zur Vereinfachung nicht berücksichtigt)


 



 

Das Neigen des Rumpfs über die Querachse nach vorne oder hinten wird als "Nicken" bezeichnet, während man beim Neigen über die Längsachse nach links oder rechts von "Rollen" spricht. In der Praxis erfährt ein Hauptrotorblatt immer die Summe aus kollektiver und zyklischer Blattsteuerung. Hierbei kann der kollektive Pitch als eine Art "Offset" angesehen werden, um dessen Wert die Blätter während eines Rotorumlaufs mit dem Betrag des zyklischen Pitchs variieren. Ein Beispiel: koll.Pitch=5° zykl.Pitch=1° ... ergibt in Summe einen zwischen 4° und 6° variierenden Blattanstellwinkel.


 

Heckrotorsteuerung

Auch bei den Heckrotorblättern läßt sich der Anstellwinkel kollektiv verändern und somit die Stärke des Luftstroms variieren. Ist der vom Heckrotor erzeugte Schub grösser bzw. kleiner als zur Kompensation des Hauptrotordrehmoments erforderlich, so dreht sich der Rumpf links- bzw. rechtherum um seine Hochachse.


 



 

Der Bodeneffekt

Befindet sich der Hubschrauber in unmittelbarer Bodennähe, kann sich der abwärts gerichtete Luftstrom nicht frei nach unten entfalten, sondern wird vom Boden seitlich abgelenkt. Dadurch bildet sich ein Luftpolster unterhalb der Rotorblätter, auf dem sich der Hubschrauber "abstützen" kann. Dieser Effekt bewirkt, dass der Pilot zum Schweben weniger Pitch und dadurch auch weniger Triebwerksleistung benötigt als in grösseren Höhen, bei denen der Bodeneffekt nicht mehr zum Tragen kommt.


 



 

Den Bodeneffekt spürt der Pilot bis zu einer Höhe, die etwa dem Durchmesser des Hauptrotors entspricht, bei einem Modellhubschrauber also bis etwa 1,5 - 2m, bei seinem grossen Vorbild bis zirka 10 - 12m. Da es innerhalb des Bodeneffekts zu einer starken Verwirbelung kommt, liegt der Hubschrauber hier deutlich unruhiger in der Luft als ausserhalb. Sobald der Pilot aus dem Bodeneffekt heraus nach oben steigt, ist es für ihn viel leichter, die Maschine ruhig in der Luft zuhalten.


 

Der Hubschrauber im Wirbelring (Vortex)

Gefährlich werden kann es, wenn der Helikopter in seinen eigenen Rotorabstrahl (engl. Downwash) gerät. Dies kann passieren, wenn der Pilot mit seiner Maschine zu schnell senkrecht sinkt. Da der Hubschrauber dann in genau derjenigen Luftmasse absteigt, die er Sekundenbruchteile vorher bereits schon einmal nach unten gedrückt hat, kann der Hauptrotor nun nicht mehr genügend "neue" Luft von
oben ansaugen. An den Rotorblättern entsteht ein Strömungsabriss und der Hubschrauber fällt wie ein Stein.


 
 

Der Pilot muss in so einem Fall über einen kräftigen zyklischen Steuerbefehl versuchen, den Hubschrauber noch rechtzeitig aus dem Downwash heraus zu steuern. Je später der Pilot reagiert, desto schwieriger ist es, die Maschine aus dieser Situation zu befreien, da der Strömungsabriss immer mehr Bereiche des Rotorblatts erfasst und somit die Steuerfähigkeit zunehmend einschränkt.

Diese Situation lernt besonders der Anfänger mit seinem Modellhubschrauber recht schnell kennen. Sobald der Hubschrauber während der ersten Schwebeübungen zu hoch gestiegen ist, verringert der Einsteiger üblicherweise den kollektiven Pitch zu stark, sinkt dadurch zu schnell ab und der beschriebene Effekt setzt ein. Besonders in Bodennähe besteht nun oftmals nicht mehr die Zeit, den Hubschrauber noch rechtzeitig aus dieser Situation zu befreien. In diesem Fall kann der Pilot nur noch auf den einsetzenden Bodeneffekt hoffen, der sich kurz vor dem Erdboden aufbaut und die Maschine bei maximalem Pitchausschlag oftmals gerade noch abfangen kann.

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